Eddie’s Archives
Was war das für ein Aufschrei, als diese Box hier in einer 2.Auflage
nachgepreßt wurde. Mir als Fan ist das sowas von egal – ich will die
Musik dieser Scheiben hören und wenn dies noch andere können, ist
das doch gut so. Pfeif doch auf diesen „Ltd.Edition“-Kram (ist doch eh alles
verlogen), hauptsache alle Die-Hard-Maiden-Fans können sich das Ding
zulegen, wen juckt es, wenn noch zig andere die Box haben? Von mir aus könnte
die ganze Welt diese geilen Songs hier hören....
Jetzt aber zur Box...welch schönes Metallkästchen mit Eddies über
die Jahrzehnte liebgewonnener Fratze eingeprägt vorne drauf. Na ja,
auf das Glas auf Ständer sowie die Stammbaumrolle mit Eddie-Ring hätte
ich zwar auch verzichten können, aber als kleine Beigaben zum musikalischen
Hauptgang ist das auch ganz nett, gell. Dieser besteht aus 3 Doppel-CD´s
und gleich die erste weiß mich als einen, der sich damals das Debut
gleich nach Erscheinen gekauft hat, zu begeistern: CD 1 (über 72 Minuten)
gibt nämlich gleich 4 live für die BBC eingespielte Tracks mit
Paul Di’Anno und den gänzlich unbekannten Gitarristen Tony Parsons und
Drummer Doug Sampson zum Besten. In gutem Sound und klasse gespielt, besonders
„Iron Maiden“ sticht hervor, grandios! Um den zeitlichen Ablauf einzuhalten,
habe ich danach CD 2 eingelegt, um die 6 Songs vom 80er Donington-Festival
zu hören (in der ersten bekannteren Besetzung vom Debut mit Drummer
Clive Burr und Gitarrist Dennis Stratton); auch hier gilt: Rauher und unpolierter
Sound sowie euphorische Fanreaktionen (30.000 waren damals da), absolut gigantisch
und SO GUT!!! „Prowler“, „Remember Tomorrow“, das damals noch neue „Killers“,
„Running free“, „Transylvania“ sowie „Iron Maiden“ gibt es zu hören
und es bleibt echt kein Auge trocken...Hammer! Tief durchgeatmet und CD 1
wieder in den Player, denn nun stehen 10 Live-Tracks vom 82er Reading Festival
mit Bruce Dickinson und Adrian Smith an. Die Band hatte sich in ihrem Sound
ein wenig verändert, verschwunden war die durch Di’Anno eher noch ein
wenig punkig daherkommende Truppe, stattdessen hatten wir es mit einer Band
zu tun, die mit „Number of the Beast“ klar gemacht hatte, daß sie (gerade
wegen Dickinson) zu noch Größerem geschaffen war und die im Laufe
der Jahre immer melodischer (wenn auch kaum schlechter) wurde. Die Di’Anno-Sachen
singt er ganz gut (wenn mir auch Di’Anno dabei wesentlich besser gefallen
hat!), bei den „Beast“-Songs zeigt er dann seine Klasse fernab von Mammut-Tourneen,
die seiner Stimme (wie auf dem 85er-„Live after death“-Werk nachzuhören)
zugesetzt haben. Hier gibt es alle Melodien, alle hohen Töne und viel
Abwechslung, gepaart mit der spielerischen Klasse der Herren Murray, Smith,
Harris und Burr, famos! Habe ich im übrigen schon erwähnt, welch
grandioser Drummer Clive Burr gewesen ist? Mit wieviel Gefühl und Power
er gespielt hat? Hab ich, ich weiß. Hört mal die beiden Live-Versionen
von „Transylvania“, dann wißt ihr, was ich meine. Und dann hört
euch die 88er Live-Aufnahmen vom Monsters of Rock in Donington mit Nicko
McBrain an – auf einen Künstler folgte ein stumpfer Klopper, der sich
nicht nur hier anhört, als wenn man ihn mitsamt seinem Kit eine Treppe
hinuntergeworfen hätte (nicht umsonst meine Bruce Dickinson in der offiziellen
Maiden-Biographie „Run to the Hills“, Clive Burr sei der beste Drummer Iron
Maidens gewesen und er bedauere, daß man ihm nicht mehr Zeit gegeben
hätte, sich nach der exzessiven 82er US-Tour wieder zurechtzufinden).
DoCD 2 beherrbergt denn auch einen ganz besonderen Schatz – Beast over Hammersmith,
der 82er Gig aus dem Hammersmith Odeon. Man merkt der Band an, wie sicher
sie sich war, mit „Number of the Beast“ eine Killerscheibe in der Hinterhand
zu haben (die Platte erschien erst 2 Tage NACH dem Gig in Hammersmith und
somit nach Ende der UK-Tour, bevor die Band nach Europa und den Rest der
Welt übersetzte). „Run to the hills“ gab es schon (die Single schaffte
es bis auf Platz 7 der Charts) und diese wird rauh und mit druckvollem Sound
runtergebrettert und zaubert ein glückliches Lächeln auf das Gesicht
des Zuhörers...mit „Children of the damned“, dem Titelsong, „22 Acacia
Avenue“ (Clive Burr in Hochform!!), „The Prisoner“ (das einzige Stück,
das ich auf „Number...“ nicht mag) sowie „Hallowed be thy name“ (grandios
gesungen!) wurde fast die komplette Scheibe vorgestellt, sogar die B-Seite
„Total Eclipse“ ist vertreten. Daneben sind es vorallem die selten live gehörten
„Killers“-Klassiker „Murders in the Rue Morgue“, „Another Life“, „Drifter“
und der grandiose Titelsong (im übrigen in einer Hammer-Version!!!),
die die CD´s so wertvoll machen („Wrathchild“ gibt´s auch noch)
und neben den Debut-Krachern „Transylvania“ (für mich das beste Metal-Instrumental
aller Zeiten und zu Recht zu Beginn ihrer Karriere im Programm, McBrain kriegt
das sicher nicht hin....), „Phantom of the Opera“, „Iron Maiden“, „Sanctuary“,
„Running free“ sowie das abschließende (!) „Prowler“ die Höhepunkte
einer ganz ganz feinen DoCD bilden, die im Verbund mit dem o.g. ersten Doppelschlag
wirklich jeder Maiden-Fanatic haben sollte. Legendäre und absolut essentielle
eineinhalb Stunden (42 + 52 Minuten), die jedes Maiden Live-Album wegblasen!!!!!
CD 3 hält dann noch einen satten Nachschlag von 31 Songs (65 + xx Minuten)
mit Single-B-Seiten bereit: Hier macht es sich bezahlt, daß die Band
stets Wert darauf gelegt hat, ansprechendes Material für Single-Käufer
parat zu haben, denn man findet Live-Versionen (u. a. „Drifter“ und „Remember
Tomorrow“), Coversongs (u.a. „Cross-eyed Mary“ von Jethro Tull oder Led Zeppelin´s
„Communication Breakdown“) und massig unveröffentlichtes Studiomaterial.
Besonders gespannt war ich auf die 88er Remakes der Debut-Klassiker „Prowler“
und „Charlotte the Harlot“, mit deren Produktion Steve Harris nicht zufrieden
war und die deswegen nochmal neu (und mit Bruce Dickinson) aufgenommen wurden.
Tja, und wenn Harris nicht mit dem Sound des Debuts zufrieden war (einen
passenderen hätte es gar nicht haben können), was ist dann das?
Bei „Charlotte..“ sind bspw. beim Solo keine Rhythmusgitarren zu hören
und insgesamt der Gitarrensound total schwach, der Sound trocken und spröde
und das Schlagzeug bei weitem nicht so tight und druckvoll (gell Mr. McBrain).
Zudem geht beiden Songs die rauhe Aggression und übersprühende
Energie des Debuts völlig ab – so viel zum Thema Remakes. Zu den Höhepunkten
der beiden CD´s zählen neben den genannten Live-Aufnahmen („Drifter“
entspricht der, die auf meiner „Women in Uniform“-Maxi enthalten ist, wird
hier aber als B-Seite der „Sanctuary“-Single genannt, sicher aufgrund der
Tatsache, daß in den verschiedenen Ländern auch die B-Seiten unterschiedlich
gewesen sind) die beiden grandiosen AOR (!)-Tracks „Reach out“ (mit Adrian
Smith hinterm Mikro, der seine Sache ausgezeichnet macht) und „That girl“,
die aus Smith´s ASAP-Kreis stammen, die 80er Neuaufnahme des Soundhouse-Tracks
„Invasion“
Bei so vielen B-Seiten bleibt es nicht aus, daß der eine oder andere
Song nicht zündet („Black Bart Blues“ z.B., wo mir Mr. McBrain mit seinem
pseudo-witzigen Gelaber genauso auf den Geist geht wie schon bei den Maiden-CD-Maxis
vor ein paar Jahren oder „Sheriff of Huddersfield“, wo sie ihren Manager
Rod Smallwood aufs Korn nehmen), aber das ist bei so vielen guten Sachen,
die hier vertreten sind, zu verschmerzen und sollte Euch nicht vom Kauf abhalten.
Those were the days my friend, we thought they´ll never end….
Frank