IRON MAIDEN
Brave New World
Im Vorfeld hatte ich versucht, meine Vorfreude auf die neuen/alten Maiden ein wenig herunterzufahren, denn ich hatte mich auch so auf die letzten Scheiben von Priest oder AC/DC gefreut und wurde enttäuscht, also ließ ich es langsam angehen. Ich hörte die Single „The Wicker Man“ auf MTV & Co. und konnte zufrieden feststellen, daß es die Jungs immer noch draufhaben, einen geilen, schnellen, guten HM-Song in alter Maiden-Tradition zu schreiben, der sich auch ohne das dazugehörige explosive Video auf der heimischen Anlage als Höhepunkt entpuppt. Ein bissel überrascht war ich, als ich im Booklet sah, daß 7 der 10 Songs die 6 Minuten übertreffen und sogar zweimal die 9 Minuten-Grenze überschreiten, aber was soll´s, die „Number of the beast“-Zeiten sind nunmal vorbei (aber war es nicht gerade die „Seventh Son...“ mit ihren längeren Songs, bei der es im Nachhinein die ersten Kritiken für die Band gab, jetzt wird sie als Vergleich gelobt, da fällt mir dann mal wieder gar nichts mehr ein....). „Ghost of the Navigator“, der erste der längeren Songs überzeugt dann ebenso wie die Single mit tollen Melodien und schönen Leads und ich wurde noch ein Stück zufriedener. So kann´s weitergehen, dachte ich, und schwupps! folgen mit dem Titelsong und „Blood Brothers“ zwei Langweiler: Bei ersterem passiert irgendwie nichts, es plätschert so dahin, während zweitgenannter Titel durch den nervenden und auch noch ständig wiederholten Refrain (trotz schöner, irgendwie Folk-mäßiger Gitarrenmelodien) runtergezogen wird. Hm. „The Mercenary“ holt dann die Kohlen wieder aus dem Feuer, hier wird der Refrain zwar auch hundertfach wiederholt, es nervt aber nicht, die Melodien stimmen, in den 4:42 Minuten geht was, Nicko McBrain legt einen genialen Drumrhythmus vor, der wie ein Panzer auf einen zufährt, im übrigen mein Lieblingssong auf der CD! Mit „Dream of Mirrors“ folgt der mit 9:21 Minuten längste Titel der CD und zwei Drittel davon hätte man sich auch sparen können, denn es passiert nichts, es wird keine Spannung aufgebaut, die einen auf etwas hinführt (wie bei „Hallowed be thy name“ etwa), erst nach über 3 Minuten setzen die Gitarren ein wenig lauter ein, aber auch dann ist die Gesangsmelodie nicht berauschend, da bleibt leider nix hängen. Es geht so weiter, ein Wechsel zwischen ruhig und langweilig und etwas lauter und langweilig, bis es nach knapp 6 Minuten dann endlich schneller wird, der Gesang kommt aggressiver und die Leads erreichen Maiden-Form, geil! Schade nur, daß man diesen genialen Part in einen solch langweiligen Mantel hüllen mußte. Regelrecht erfischend dann, mit „The fallen angel“ wieder einen nur halb so langen Titel zu hören, bei dem recht schnell auf den Punkt gekommen wird und bei dem mir einmal mehr die tolle (!) Produktion auffällt: Nicht so furchtbar trocken wie auf so manch älterer Maiden-Scheibe, das Schlagzeug hat Druck und klingt so richtig schön traditionell (fast schon Cozy Powell-mäßig), die Gitarren stehen da, wo sie hingehören (nämlich vorne!) und der Bass von Steve Harris versucht nicht dauernd, zu solieren, sondern verleiht den Songs den nötigen Druck. So muß sich eine geile Hardrock-/Metal-Scheibe anhören, alles aus einem Guß, und „The fallen angel“ hab ich auf der Habenseite verbucht. „The Nomad“ hat dann gleich wieder über 9 Minuten, gefällt mir aber um Klassen besser als „Dream of Mirrors“, weil hier ein wenig „To tame a land“-Feeling rüberkommt und das Thema musikalisch sehr gut umgesetzt wird, man kann den Wüstensand förmlich vor sich sehen, klasse! Mit „Out of the silent planet“ folgt dann wieder ein typischer Maiden-Song, voller Melodien, zweistimmiger Gesang, schöner Refrain, ebenfalls gelungen! Warum die eingeschnappten RH-Penner dann auf dem abschließenden „The thin line between love and hate“ rumgehackt haben, verstehe ich nicht, das Lied fällt kein bißchen gegenüber den anderen Songs ab und hält das gute Niveau der Platte. Fazit: „BNW“ ist zwar kein Klassiker á la „Number of the beast“, „Killers“ oder „Powerslave“, aber eine wirklich gute CD, die ich mir auch zukünftig noch oft und gerne anhören werde und auf der zwei Drittel der Songs Spaß machen – welche andere „alte“ Band kann das schon von sich behaupten?
Frank