Stuttgart, Schleyerhalle, 21.9.99





Als wir gegen 18.00 Uhr auf den Parkplatz des Cannstatter Wasens fuhren, meinte ich, wir wären in der Zeit zurückgereist: Kutten mit Aufnähern aller möglichen Metal-Bands, Lederjacken, lange Haare, Bier, laute Musik, Band-Shirts aller Art - wohin man sah nur Leute einer Gattung, von denen ein snobistischer arroganter Multi-Millionär namens Lars Ulrich so vollmundig gemeint hatte, sie wäre tot. Man hätte diesen Penner mitten hinein ins Herz der vollbesetzten Schleyerhalle stecken sollen, dann hätte er gespürt, wie lebendig unser geliebter alter Heavy Metal ist, daß es ihn trotz aller Ignoranz von seiten der Medien immer gegeben hat und daß es ihn auch in hundert Jahren noch geben wird. Megadeth zählten noch nie zu meinem Favoritenkreis und so konnten mich die Jungs auch im Vorprogramm nicht sonderlich begeistern. Das Zeug der neuen CD war fürchterlich, wenigstens kamen auch ein paar ältere Songs zum Zuge und gegen Ende wurde es mit „Symphony of destruction“ und „Peace sells...“ dann sogar richtig gut. Der Fairneß halber sei aber erwähnt, daß Mustaine & Co. teils wirklich schöne Doppel-Leads á la Maiden brachten, einen sehr guten Sound hatten und bei den Fans gut ankamen, ob ich sie nun mochte oder nicht (ich fand Mustaines Gesang furchtbar schräg, aber was soll´s). Nach 45 Minuten war´s zuende und als gegen 21.20 Uhr das Licht nach zahlreichen „Maiden, Maiden“-Sprechchören erlosch und auf 3 Videowänden Teile des Ed Hunter-Spiels erschienen, die man grandioserweise mit „Transylvania“ vom Debut unterlegt hatte, war die Hölle los. Nach dem obligatorischen „And we will never surrender“ von Churchill ging´s mit „Aces high“ und astreinem Sound los. Bruce Dickinson war in Topform und sang wie ein Verrückter, „Wrathchild“ folgte zu meinem Entzücken (als Träger eines „Killers“-Shirts ganz selbstverständlich, oder?), danach auch noch „The Trooper“ und wenig später die Ansage, daß alle einen Schritt zurück machen sollten, weil aufgrund der Riesenstimmung die Leute in den ersten Reihen an die Absperrung gedrückt wurden. Alles kein Problem und weiter ging´s mit „2 minutes to midnight“, ein Klassiker jagte den anderen. Mit „Futurreal“, „The Clansman“ und „Man on the edge“ hatten es auch drei Songs der Blaze Bailey-Phase ins Programm geschafft, nun also mal mit richtigem Gesang, gell? Die Stimmungskurve tauchte ein wenig (aber nur ein wenig) ab, bevor es dann mit Klassikern wie „Killers“ (jaaaaaaa!!!!), „Phantom of the opera“ oder „Waisted years“ weiterging und auch der riesige Eddie seinen Auftritt hatte. Nach rund eineinhalb Stunden ohne lästige und langweilige Drum-/Gitarren-wasweißich-Soli war die Stimmung auf dem Höhepunkt, alles brüllte sich die Seele aus dem Leib und die „Maiden“-Sprechchöre der sicherlich 10.000 Fans schallten durchs weite Rund der Schleyerhalle. „Woe to you oh earth and sea....“, da war es endlich und wurde tausendfach aufgesagt, bevor die Band dann das Biest losließ und ein völlig fantastisches „Hallowed be thy name“ folgen ließ, was hier an melodischen Leads mehrstimmig nebeneinander gespielt wurde, war wirklich genial und ließ einen seine Luftgitarre gar nicht mehr aus der Hand nehmen. Kult auch, als die drei Klampfer Smith (wurde extra im Kreis der Band willkommen geheißen und erhielt riesigen Applaus), Murray und Gers zusammen mit Steve Harris Rücken an Rücken die Gitarren Richtung Publikum abfeuerten, das ist Metal!!! „Run to the hills“ beendete ein riesiges Spektakel, das gar nicht mal so sehr von Show-Elementen lebte (kaum Pyros o.ä., war auch gar nicht nötig), sondern durch tollen Sound (kein Ohrenpfeifen bei uns vieren hinterher, ein größeres Kompliment kann man gar nicht machen) und Songs überzeugte, die in die Ewigkeit eingegangen sind. Ich hoffe, Dickinson´s Ankündigung, Maiden würden 2000 zeigen, daß sie die Nr. 1 Metal-Band dieser Erde sind und sie zurückgekommen wären, weil es in den 90ern so viel Mist gegeben hätte, der als Heavy Metal verkauft worden wäre (mit jeder Menge „fucks“ und „fuckin´s“ unterlegt und laut bejubelt), stellt sich nicht als heiße Luft heraus, denn die Bühne für Maiden ist bereitet, volle Häuser überall und erwartungsfrohe Fans, die so gerne mal wieder ein richtiges Brett einer alteingesessenen Band hören würden. Nach rund 110 Minuten ertönte „Always look on the bright side of life“ und beendete ein geiles Konzert einer geilen Band, das wir alle sehr genossen haben, wir packten unsere Luftgitarren wieder ein und bewegten uns in einer schwitzenden, ausgepunpten aber glücklichen Masse Richtung Ausgang. Heavy Metal ist tot? Lars Ulrich tut mir leid.

Frank