Rock am Ring
Ich war extrem gespannt, wie sehr
sich die Ausrichtung der neuen Platte auf den Set der Band auswirken würde;
den Aussagen nach zu urteilen, daß man mit „St. Anger“ eine wütende
und aggressive Platte gemacht habe, hätten die alten Gassenhauer ja
perfekt ins Programm gepaßt, um den Kiddies zu zeigen, wo bei Hetfield
& Co. der Hammer einst gehangen hat. Und siehe da, genau so kam es dann
auch und unsereiner in den Genuß von Perlen wie „Seek and Destroy“
oder „No Remorse“ von „Kill ´em all“, die man getrost als Überraschung
werten kann. Doch es blieb nicht dabei, voller Enthusiasmus und Power wurde
das gesamte Repertoire in die sicherlich 70.000 Fans geblasen und so manchem
Girlie, das auf die Balladen gewartet hatte, wird hinterher der Kopf gedröhnt
haben, hihi... von der neuen Platte gab es lediglich „Frantic“ und den Titelsong,
beides trotz ihrer gewöhnungsbedürftigen Ausrichtung sehr gute
Songs, wie ich finde und auch die einzigen wirklich erwähnenswerten
der neuen CD, bestimmt wurde der 2-stündige Set aber von „Battery“ (!),
„For whom the bell tolls“, „The thing that should not be“, „One“, „Master
of Puppets“, „Harvester of Sorrow“, „Welcome home (Sanitarium)“ und all den
Klassikern, die der Band die Basis zu ihrem Mega-Status bereiteten. Soundmäßig
gab es nichts zu meckern, fett und klar kamen die Riffs und insbesondere
James Hetfield schien extrem viel Spaß an den alten Riffs gehabt zu
haben. Gegen Ende erklang noch ein gepflegtes „Sad but true“ und als dann
die ersten Töne des unvermeidlichen „Nothing else matters“ erklangen
(egal, ob das eine Ballade ist, sie ist klasse und das alleine zählt),
tauchten sie auf, die Mädels auf den Schultern, singend und peinlichst
Zeige- und kleinen Finger in den Nachtimmel reckend... nach dem Solo aber,
als alles auf den langsamen und stillen Rest des Songs wartete, verharrte
die Band kurz , Hetfield drehte sich um, die Kamera filmte von hinter die
Bühne sein Gesicht und als ich zuerst sein Nicken zu Lars Ulrich und
dann sein diabolisches Grinsen sah, wußte ich, daß da was im
Busch war... was folgte, war das Eröffnungsriff von „Creeping Death“,
mitten hinein in die weibliche Glückseligkeit der abrupt unterbrochenen
Ballade, har har... so schnell wie sie aufgetaucht waren, verschwanden sie
auch wieder von den Schultern und es wurde gebangt, was das Zeug hielt, eben
so, wie es sein muß, gell. „Enter Sandman“ beendete einen wirklich
tollen Gig, der mir sehr viel Spaß gemacht und gezeigt hat, daß
bei allem Kopfschütteln über die meisten neuen Songs, die so gar
nichts mit irgendwas der bisherigen Karriere der Band gemeinsam haben, immer
noch Spaß an den alten, pfeilschnellen Songs der Vergangenheit besteht.
An diesem Abend zumindest wurde dies verdammt deutlich und läßt
für eine eventuelle Tour hoffen.
Frank